„Wie bereits ihr Name deutlich macht, dienen Sonnengebete (Surya Namaskara)
dazu, „die Sonne zu begrüßen“, und sollten daher vor allem morgens ausgeführt werden.
Sonnengebete aktivieren zu Beginn der Praxis vorwiegend das sympathische
Nervensystem. Regelmäßig und länger durchgeführt entspannen sie das Gehirn,
aktivieren den Parasympathikus, da sie die starken Erregungsmuster, die sich im
Kortex nach einem stressigen Erlebnis zeigen, herunterregulieren können (Trökes &
Knothe, 2014). Bewegungsabläufe wie die Sonnengebete, die unsere Herz-Kreislauf-
Funktionen steigern, wirken förderlich auf den Brain-Derived Neurotrophic Factor
(BDNF, vgl. S. 87; Hollmann & Strüder 2003). Ist der BDNF erhöht, sorgt er dafür,
dass bestehende Neuronen geschützt sind, neue neuronale Bahnen entstehen können
und die Dichte der synaptischen Verbindungen zwischen den Neuronen – und somit
die Kommunikation innerhalb des Gehirns – besser funktioniert. Übungen wie die
Sonnengebete, die körperlich anspruchsvoll sind, veranlassen auch ältere Nervenzellen
dazu, neue, dichtere Netzwerke zu bilden, das Gehirn arbeitet somit schneller
und effizienter (Trökes & Knothe, 2014). Sonnengebete führen ferner dazu, dass die
sogenannte graue Substanz um den Hippocampus zunimmt (Ameri, 2001). Für uns
bedeutet das eine Verbesserung unserer Lern- und Gedächtnisprozesse (Buchner &
Brandt, 2002).
Moderate ausdauerfördernde Bewegungen wie die Sonnengebete bedingen ferner,
dass im limbischen System vermehrt Serotonin gebildet wird (Hollmann & Strüder,
2003). Ein Anstieg des Serotonins steht mit einer besseren Stimmung und mit weniger
unangenehmen Emotionen und depressiven Verstimmungen in Verbindung
(vgl. auch Neurotransmitter, S. 37). Es ist davon auszugehen, dass die Ausdauerkomponente der Surya Namaskara, die mit einer spezifischen Ein- und Ausatmung, dem Ujjayi Pranayama (vgl. S. 82), verbunden ist, dazu führt, dass Stresshormone wie das Cortisol und das Noradrenalin abgebaut werden (Weintraub, 2012; Weiß et al.,2016). Gleichzeitig werden Dopamin und Serotonin ausgeschüttet, wodurch das körpereigene Belohnungssystem aktiviert wird (Trökes & Knothe, 2014). Regelmäßige Übung wirkt daher sowohl unmittelbar als auch langfristig Depressionen und emotionalen
Verstimmungen entgegen.
Die Wirkmechanismen hinter den Yoga Asana machen deutlich, wie komplex und
intensiv eine körperliche Stellung und der Wechsel in der Ausrichtung des Körpers
das menschliche Wohlbefinden und die psychische und körperliche Gesundheit beeinflussen können“.
Quelle: Resilient durch Yoga – Psychische Störungen erfolgreiche behandeln.
Zur Praxis: Sonnengebete